Grundsätzlich unterscheidet sich die Haftung eines Betriebsleiters nicht von dem Haftungsregime gegenüber einem nichtselbständigen Beschäftigten. Allenfalls bei der Beurteilung von Erfahrung und Wissen über betriebliche Zusammenhänge, bei der Frage des Risikobewusstseins sind an einen Betriebsleiter naturgemäß andere Maßstäbe anzusetzen als bei einem „einfachen“ Arbeitnehmer.
Die Rechtsprechung hat folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Die Rechtsprechung begrenzt die Pflicht des Arbeitnehmers zum Schadensersatz gegenüber dem allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsregime erheblich. Das beruht auf dem Umstand, dass man als Arbeitnehmer immer auf Anweisung seines Arbeitgebers tätig wird, in dessen betriebliche Abläufe eingebunden ist, meist keinen Einfluss auf die betrieblichen Abläufe und Gefahren hat und meist nicht in der Lage ist, mit seinem Arbeitsverdienst hohe Verluste bei betrieblichen Schadensfällen auszugleichen.
Daraus folgt eine Abstufung entsprechend dem Verschuldensgrad:
Vorsatz
Bei Vorsatz haftet der Arbeitnehmer voll, d.h. er haftet auf Ersatz des gesamten Schadens.
Grobe Fahrlässigkeit
Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer regelmäßig ebenfalls in voller Höhe. In Ausnahmefällen ist die Ersatzpflicht gemindert.
Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn der betreffende Arbeitnehmer ganz naheliegende Sorgfaltsregeln, die in der gegebenen Situation “jeder” befolgt hätte, außer Acht lässt. Der Verstoß gegen die “im Verkehr erforderliche Sorgfalt” muss also enorm sein. Man muss förmlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn man von dem Schadensereignis erfährt.
Zur Orientierung und Einordnung: Von der Rechtsprechung entschiedene Fälle für diese Art von Fahrlässigkeit sind zum Beispiel
- das Einfahren in eine Kreuzung bei roter Ampel,
- Alkohol am Steuer,
- das Telefonieren mit dem Mobiltelefon im Auto ohne Freisprechanlage.
Auch wenn der Arbeitnehmer bei grober Fahrlässigkeit “in der Regel” den gesamten Schaden ersetzen muss, gilt diese Ersatzpflicht nicht pauschal bzw. ohne jede Ausnahme. Die Arbeitsgerichte machen auch bei grober Fahrlässigkeit zugunsten des Arbeitnehmers Ausnahmen von der vollen Haftung. Dies zum Beispiel dann, wenn das Missverhältnis zwischen Arbeitsverdienst und Schadenshöhe zu extrem wäre. Oder auch dann, wenn der Arbeitgeber ebenfalls dazu beigetragen hat, dass der Schaden hoch ausgefallen ist (zum Beispiel dadurch, dass er nicht durch eine betriebliche Versicherung vorgebeugt hat).
Auch bei einer grob fahrlässigen Verursachung des Schadens ist es also möglich, dass der Arbeitnehmer nur einen Teil des Schadens tragen muss.
Normale Fahrlässigkeit
Bei normaler Fahrlässigkeit wird der Schaden unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt.
Normale Fahrlässigkeit ist das einfache Außerachtlassen der “im Verkehr erforderlichen Sorgfalt”. Wenn es keine Anhaltspunkte für “leichte” oder für “grobe” Fahrlässigkeit gibt, dann ist regelmäßig von normaler Fahrlässigkeit auszugehen.
Die in solchen Fällen gebotene “Aufteilung” des Schadens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer heißt aber nicht, dass die Arbeitsgerichte die Haftung schematisch 1:1 verteilen. Stattdessen sind sämtliche Umstände des Einzelfalles in die Betrachtung einzubeziehen. Im Ergebnis spricht in den überwiegenden Fällen vieles für eine weitgehende Entlastung des Arbeitnehmers, d.h. für eine Schadensteilung, die den ganz überwiegenden Anteil des Schadens dem Arbeitgeber zuweist. Sogar die hundertprozentige Entlastung des Arbeitnehmers ist nach der Rechtsprechung eine mögliche Variante der “Schadensteilung”.
Besondere Umstände des Einzelfalls, die zu einer Entlastung des Arbeitnehmers führen können, sind zum Beispiel
- die objektive Gefährlichkeit der Arbeit(ihre “Gefahrgeneigtheit”),
- die Höhe des Schadens,
- die Vergütung des Arbeitnehmers (die eine Risikoprämie enthalten kann),
- die Stellung des Arbeitnehmers in der Betriebshierarchie,
- die Möglichkeit des Arbeitgebers, dem Schaden durch eine Versicherung vorzubeugen,
- der bisherige Verlauf des Arbeitsverhältnisses (wie hat der Arbeitnehmer bisher gearbeitet?).
Alle diese Umstände können im Einzelfall eine Herabsetzung des vom Arbeitnehmer zu tragenden Anteils am Schaden zur Folge haben.
Leichte Fahrlässigkeit
Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer gar nicht. Leichte Fahrlässigkeit kommt zum Beispiel in Betracht, wenn der Arbeitnehmer durch eine Anweisung des Arbeitgebers in eine gefährliche Situation gebracht wurde, der er nach seiner bisherigen Arbeitserfahrung von vornherein nicht gewachsen war.
In solchen Fällen ist eine Haftung des Arbeitnehmers vollständig ausgeschlossen. Solche Fälle kommen allerdings eher selten vor.
Diese von der Rechtsprechung zugunsten des Arbeitnehmers aufgestellten Regeln gelten nur bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten.
Sonderfall „Schädigung von anderen Arbeitnehmern“
Wenn der Arbeitnehmer bei der Arbeit bzw. “durch eine betriebliche Tätigkeit” einen anderen Mitarbeiter schädigt, ist seine Haftung – ebenso wie die Haftung des Arbeitgebers in solchen Fällen – ausgeschlossen, wenn der Schaden
- in einem Personenschaden besteht und
- auf einen “Versicherungsfall” im Sinne des Unfallversicherungsrechts zurückzuführen ist, und wenn
- der Arbeitgeber diesen Versicherungsfall bzw. Personenschaden nicht vorsätzlich herbeigeführt hat.
Dieser Haftungsausschluss ergibt sich aus § 105 Abs.1 Satz 1 SGB VII. Diese Vorschrift lautet:
§ 105 Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen
Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur dann verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs.2 Nr.1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben”
Für Sachschäden eines zu Schaden gekommenen anderen Mitarbeiters, d.h. zum Beispiel für beschädigte persönliche Gegenstände ist dagegen Ersatz zu leisten, da die Unfallversicherung hier keine Leistungen erbringt und der gesetzliche Haftungsausschluss dementsprechend nicht eingreift.
Dafür kann der Arbeitnehmer aber in einem solchen Fall möglicherweise von seinem Arbeitgeber Freistellung verlangen, d.h. er kann verlangen, dass der Arbeitgeber anstatt seiner dem geschädigten Kollegen Ersatz leistet.
Ihr Freistellungsanspruch ist nur dann hilfreich, wenn der Arbeitgeber ihn auch erfüllen kann. Er versagt daher, wenn der zu ersetzende Schaden die finanziellen Möglichkeiten Ihres Arbeitgebers übersteigt.
In solchen Fällen haben gibt es zwar den Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Freistellung von dem Schadenersatzanspruch, den der geschädigte Dritte dem Arbeitnehmer gegenüber hat. Wenn der Arbeitgeber selbst aber zahlungsunfähig wird, bleibt der Schadenersatzanspruch des geschädigten Dritten dennoch aber gegenüber dem Arbeitnehmer bestehen
Eine betriebliche Versicherung ist daher sowohl für Arbeitgeber, wie auch für Arbeitnehmer wegen dieser Zusammenhänge zu empfehlen.
Informationen zum Arbeitsrecht und Kündigungsschutz in Wees bei Flensburg Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht Jochen-P. Kunze
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